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Archiv – 1000 Buchen

26.01.2021
Holocaust-Gedenktag – zerstörte Gedenktafeln im Projekt „1000 Buchen“ ersetzt

Am heutigen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus konnte das Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda zerstörte und entwendete Gedenktafeln des Projektes „1000 Buchen“ ersetzen. Finanziert wurden die Tafeln vom Lokalen Aktionsplan Weimar, der Demokratieprojekte unterstützt. Seit 1999 erinnert das inklusive Gedenkprojekt „1000 Buchen“ an die Opfer der Todesmärsche aus Buchenwald.

2016 wurde in der Weimarer Andersenstraße ein Baum gepflanzt, im Gedenken an Lise London (1916 – 2012). Lise London war französisches Mitglied der Internationalen Brigaden und kommunistische Widerstandskämpferin und überlebte mehrere deutsche Konzentrationslager. 2019 wurde der Baum, wie zahlreiche andere, mutwillig beschädigt und die Gedenktafel entwendet.

Die Beschädigungen oder Zerstörungen von Gedenkbäumen und -tafeln in 2019 und 2020 hatten tiefe Betroffenheit, Solidarität und eine Welle der Hilfsbereitschaft weit über Weimars Stadtgrenzen hinaus ausgelöst, die bis heute anhält. Die jüngste Unterstützung kommt vom Lokalen Aktionsplan Weimar (LAP), der die Fördergelder für die Ersatzanschaffung von acht Gedenktafeln bereitgestellt hat. „Wir waren bestürzt, als wir vom Vandalismus an den Bäumen und Schildern erfahren haben. Mit unserer Unterstützung möchten wir auch ein Zeichen für Vielfalt und gegen Hass, Gewalt und Menschenfeindlichkeit setzen“, so Anika Thiele, Koordinatorin des LAP Weimar.

Dank der Förderung wurden heute fünf zerstörte Gedenktafeln in Erinnerung an ehemalige Häftlinge und Häftlingsgruppen in der Ettersburger Straße und in der Andersenstraße ersetzt. Die französische Botschafterin in Deutschland, Anne-Marie Décôtes, zeigte sich bewegt: „Ich bin dem Lebenshilfe-Werk dankbar, dass es sich der Pflege des Gedenkens widmet und mutwillig zerstörte Bäume und Tafeln ersetzt. Ich freue mich, dass zum diesjährigen Holocaust-Gedenktag die Tafel erneuert wurde, die der französischen Résistance-Kämpferin Lise London (1916-2012) gewidmet ist.“

Rola Zimmer, Vorstandsvorsitzende des Lebenshilfe-Werks, ist dankbar für die Solidarität und breite Unterstützung, die dem inklusiven Projekt seither entgegengebracht wird. „Unser Gedenkprojekt bewahrt die Erinnerung an die Opfer der Todesmärsche aus dem KZ Buchenwald, es steht aber auch für das Gedenken an alle Menschen, die dem Nationalsozialismus zum Opfer fielen. Es freut mich, auch in Zeiten der Corona-Pandemie weitere Anwärter*innen für Baumpatenschaften und Unterstützung an unserer Seite zu wissen, die uns helfen den lebendigen Erinnerungsweg zu bewahren und weiter anwachsen zu lassen.“

Zur Erinnerung an die Todesmärsche aus Buchenwald sowie die Opfer des Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten zur Beseitigung „unwerten Lebens“ rief das Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda im Weimarer Kulturstadtjahr 1999 das inklusive Gedenkprojekt „1000 Buchen“ ins Leben. Entlang der ehemaligen Marschroute der Häftlinge entsteht Stück für Stück ein lebendiger Erinnerungsweg, versinnbildlicht durch Bäume, die Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam pflanzen und durch Baumpatenschaften unterstützt werden.

Der Lokale Aktionsplan wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms »Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit« und vom Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport im Rahmen des Thüringer Landesprogramms »denkbunt – für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit«.

Beiliegend 2 Bilder:
1. Bild: Von links nach rechts: Rola Zimmer, Vorstandsvorsitzende des Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda, und Anika Thiele, Koordinatorin Lokaler Aktionsplan Weimar, am ersetzten Gedenkschild und Baum von Lise London (1916 – 2012)
2. Bild: Ersetztes Gedenkschild für den 2016 gepflanzten Gedenkbaum in Erinnerung an Lise London (1916 – 2012). Das Schild ist bei einem Angriff auf die Gedenkbäume 2019 entwendet worden

27.07.2020
Erneut Gedenkbäume zerstört

am 26. Juli entdeckte die Weimarer Polizei drei vor Kurzem durchgebrochene Bäume, die im Rahmen unseres Gedenkprojektes „1000 Buchen“ unterhalb von Schöndorf gepflanzt worden waren. Bei den Bäumen handelt es sich um Ersatzpflanzungen vom Oktober 2019, die für zwei im Juli 2019 massiv beschädigte Kastanien, an gleicher Stelle gepflanzt worden sind.

Thomas Gottweiss, Landtagsabgeordneter der CDU und einer der betroffenen Baumpaten, schrieb gestern dazu auf seiner Facebook-Seite: „Der Baum, den ich gemeinsam mit Gunter Braniek für das 1000 Buchen Projekt in Kromsdorf gepflanzt habe, wurde abgesägt. Wir werden uns dadurch nicht entmutigen lassen! Es ist unsere Verantwortung an die Gräuel des Faschismus zu erinnern.“

Immer wieder werden Bäume unseres inklusiven Gedenkprojektes angegriffen. 2019 wurden sieben Gedenkbäume in Weimar an- oder abgesägt. Wir vermuten auch dieses Mal einen rechtsextremen Hintergrund und haben Anzeige erstattet.

Rola Zimmer, Vorstandsvorsitzende des Lebenshilfe-Werkes, betont: „Unser Projekt lebt nicht allein durch unsere Bäume, sondern vor allem durch die Menschen, die sich darin engagieren, spenden oder Bäume pflanzen und damit die Erinnerung lebendig halten. Menschen, die sich für eine tolerante, weltoffene und vielfältige Gesellschaft ohne Ausgrenzung und Rassismus einsetzen.

Wir lassen uns nicht einschüchtern, sondern werden unser Engagement rund um die „1000 Buchen“ fortsetzen und weiter Bäume in Erinnerung an die Todesmärsche aus Buchenwald und die Opfer des Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten pflanzen.

Wir sind überwältigt von dem Zuspruch und der Unterstützung, die uns seither zuteil wird. Das bedeutet uns sehr viel und wir möchten uns von ganzem Herzen bei allen bedanken, die sich öffentlich gegen diese Schandtaten positionieren, uns Mut machen, Hilfe bei Neupflanzungen zusagen und für das Projekt spenden. Danke Ihnen allen! Wir lassen uns nicht einschüchtern, sondern werden unser Engagement rund um die „1000 Buchen“ fortsetzen. Jetzt erst recht.

Dominique Durand, Präsident des Comité international Buchenwald-Dora:

Das International Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos prangert diese Taten an, und bekämpft sie im Namen des Schwures von Buchenwald. Es wird sicher weiter an die Gedenkinitiative „1000 Buchen für Buchenwald“ beteiligen. Neulich wurden alle Mitglieder des Komitees in einem Rundschreiben gebeten, sich aktiv an die Baumpflanzung anlässlich des 75. Jubiläums der Befreiung von Buchenwald zu beteiligen. Im April 2020 werden wir an Ihrer Seite und die der Lebenshilfe-Werks Weimar/ Apolda stehen.

Christoph Heubner, Vizepräsident Internationales Auschwitz Komitee (IAK):

Die Schändungen des Weimarer Gedenk-Projektes an die Todesmärsche vom Lager Buchenwald sind für Auschwitz-Überlebende ein erneuter Beleg dafür, mit welchem Hass und Zerstörungswillen Rechtsextreme und Neonazis in Deutschland in die Gesellschaft dringen.

Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow:

Man schämt sich, wenn man von solchem Frevel hört. Wie tief muss „Mensch“ sinken um solche erbärmlichen und feigen Taten zu begehen? Was für dumme „Helden“ die so etwas machen?! Pfui Teufel!

Landtagspräsidentin Birgit Diezel:

Wer diese Bäume zerstört, der beschmutzt unsere historische Verantwortung und stört unser friedliches Gedenken an die unzähligen Opfer von Holocaust und Euthanasie.

Umweltministerin Anja Siegesmund:

Unfassbar und abscheulich, dass Menschen nicht davor halt machen, einen Erinnerungsort an die Todesmärsche zu zerstören! Wieder ein Beweis, dass aus fürchterlichen Worten Taten folgen.

Diana Lehmann, Sprecherin für Strategien gegen Rechts der SPD-Fraktion:

Diese feigen Taten verurteile ich. Wer die Auseinandersetzung mit Gewalt statt Worten wählt, hat nicht verstanden, welche Rolle Menschenrechte und Demokratie in unserer Gemeinschaft spielen. Jeder von uns muss sich die Frage stellen, in was für einer Gesellschaft er leben will. Wir brauchen eine lebendige Erinnerungskultur und Projekte wie dieses, die deutlich machen, welche Verantwortung wir noch heute für die Taten des NS-Regimes und seiner Anhänger tragen.

Wahlkreisbüro Steffen Dittes (Die Linke):

Mit Betroffenheit und Empörung hat Herr Dittes von der Zerstörung der fünf Bäume in der Kromsdorfer Straße erfahren, die Teil des Projekts 1000 Buchen sind. Gemeinsam haben wir uns überlegt, dass wir gern als Wahlkreisbüro Steffen Dittes die Patenschaft für die Neu-Errichtung eines Baumes übernehmen wollen.

Stadt Weimar:

Die Stadtspitze der Stadt Weimar zeigt sich entsetzt über diesen Vandalismus und verurteilt diesen Akt auf das Schärfste. Um den Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda e.V. weiter beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu unterstützen, wird die Stadt Weimar die entsprechenden Ersatzpflanzungen zur Verfügung stellen.

Ann-Sophie Bohm-Eisenbrandt, grüne Fraktionsvorsitzende im Weimarer Stadtrat:

Während in der Stadtpolitik noch darüber diskutiert wird, ob man Antidemokraten einen Ausschuss des Stadtrates leiten lassen sollte, passiert an einer anderen Stelle der Stadt eine zutiefst feige Tat mit deutlichem politisch motivierten Hintergrund.

Anika Thiele, Lokaler Aktionsplan Weimar:

[M]it Entsetzen habe ich den Medien entnommen, dass Bäume im Rahmen Ihres Projektes „1000 Buchen“ zerstört wurden.

Roswitha und Reinhold Loch:

Nach der Baumschändung an der Kromsdorfer Straße müssen wir uns wieder einmal mit dem Zerstörungswillen und dem Hass von Rechtsextremen und Neonazis auseinandersetzen. […] Dieser Vandalismus zeigt aber auch wie wichtig Ihr Projekt ist, um die Erinnerung wachzuhalten und sich dafür zu engagieren und wachsam zu sein, dass sich Ausgrenzung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht durchsetzen. […] Es liegen bereits Anfragen aus Norwegen, Frankreich und Deutschland vor, Bäume zur Erinnerung an Häftlingsgruppen und einzelne Häftlinge zu pflanzen. […] Auch das Internationale Komitees Buchenwald/Dora und Kommandos (IKBD) und die Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald/Dora e.V. würden sich über eine Zusage sehr freuen.

Rica Braune:

Wenn Ihr im Herbst nachpflanzt, sprecht uns gerne wieder an. Wir werden gerne noch einen Baum pflanzen oder Euch Geld spenden für einen.

Wolf Stötzel, Sohn von August Stötzel, Häftling des KZ-Lagers Buchenwald:

Sicherlich haben Sie sich nicht vorstellen können, dass Ihre humanistische antifaschistische Haltung zum Politikum werden könnte. Ich möchte Sie ermutigen, ungeachtet der jüngsten Ereignisse, weiter zu machen.

Ulrike aus Weimar:

[I]ch habe gelesen, dass erneut zwei Buchen abgesägt wurden. Ich will mich gar nicht empören, sondern lieber fröhlich spenden, dass für jeden abgesägten Baum zwei neue gesetzt werden können. Bitte teilen Sie mir mit, wohin ich spenden, oder auch gerne mit pflanzen kann.

Jenny aus Köln:

Ich habe gelesen, dass eure Bäume beschädigt wurden. Wo kann man spenden?

 

Diese Reaktionen zeigen uns deutlich, dass wir mit unserem Projekt nicht nur die Erinnerung an die Opfer des KZ Buchenwald lebendig halten, sondern auch ein wichtiges Zeichen für Menschlichkeit und Toleranz setzen.

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